Gastbeitrag von Sawsan Chebli auf Spiegel.de 07.12.2023 – Chancengleichheit durch frühe Bildung: Lehren aus den Pisa-Testergebnissen

Einleitung:
Die aktuellen Pisa-Testergebnisse haben erneut die Bildungsdebatte in Deutschland entfacht. Die Diskussion dreht sich um Fragen der Unterrichtsqualität, den Ausbau von Ganztagsschulen und Maßnahmen gegen die Personalnot an Schulen. Doch ein besonderes Augenmerk liegt auf der Integration von Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere im Fach Mathematik. Die Autorin Sawsan Chebli, Politikerin und Initiatorin des Vereins Sprachpat*innen für KiTa-Kinder e.V., teilt in einem aktuellen Artikel ihre Perspektiven und Lösungsansätze.

Herausforderungen:
Die Pisa-Ergebnisse verdeutlichen, dass Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte in Mathematik im Schnitt schlechter abschneiden. Hierbei wird der Fokus oft auf eine Migrationsdebatte gelenkt, wobei die Autorin betont, dass das eigentliche Problem in der frühkindlichen Erziehung und Sprachentwicklung liegt. Insbesondere Kinder aus armen und benachteiligten Familien haben das Pech, in einer sprachlich armen und anregungslosen Umwelt aufzuwachsen.

Frühkindliche Erziehung als Schlüssel:
Die Autorin unterstreicht die Bedeutung einer erfolgreichen frühkindlichen Erziehung. Sie plädiert dafür, dass Deutschland massiv in die notwendigen personellen und finanziellen Mittel investieren sollte. Kinder aus benachteiligten Familien benötigen eine gezielte Förderung, um mit ihren Altersgenossen Schritt zu halten. Die frühkindliche Sprachentwicklung sei entscheidend, da Defizite in dieser Phase oft irreversibel seien.

Die Rolle von Sprachpat*innen:
Um diesem Problem zu begegnen, hat die Autorin vor drei Jahren den Verein Sprachpatinnen für KiTa-Kinder e.V. gegründet. Ziel ist es, Kitakindern aus einkommensschwachen Haushalten die deutsche Sprache näherzubringen. In einer 1:1 Betreuung unterstützen die Sprachpatinnen die Kinder spielerisch zweimal pro Woche. Die persönliche Zuwendung zeigt positive Effekte, insbesondere bei Kindern, die in anregungsarmen Umgebungen aufwachsen.

Forderung nach politischem Handeln:
Die Autorin appelliert an die Notwendigkeit, frühkindliche Erziehung zu stärken und mehr Ressourcen bereitzustellen. Sie betont, dass viele Kinder in benachteiligten Verhältnissen auch in ihrer Muttersprache einen kleinen Wortschatz haben. Deutschlandweit seien Sprachpat*innen erforderlich, um diese Kinder individuell und mit ausreichender Zeit zu unterstützen.

Persönliche Erfahrung:
Die Autorin teilt ihre eigene Erfahrung und hebt die Bedeutung früher Bildung und Sprachförderung hervor. Sie betont, dass ihre Biografie nicht dem üblichen Bildungsweg entspricht und dass sie erst in der ersten Klasse Deutsch gelernt hat. Ihr persönliches Glück und die Unterstützung ihrer Familie und Lehrer haben den Ausschlag gegeben.

Fazit:
Die Zukunft der Kinder darf nicht vom Glück abhängen. Chancengleichheit und sozialer Aufstieg sollten durch gezielte Bildungspolitik ermöglicht werden. Die Autorin schließt mit dem Appell, neue Wege zu suchen, zu riskieren und zu gehen, um in drei Jahren nicht erneut in Pisa vor ähnlichen Herausforderungen zu stehen. Jedes Kind mit guten Deutschkenntnissen hat größere Chancen auf einen sozialen Aufstieg, und eine vielfältige Gesellschaft profitiert von diversen Biografien.

Quelle:

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/pisa-studie-wie-deutschland-seine-migrantenkinder-im-stich-laesst-und-potenziale-verschenkt-gastbeitrag-a-9ff2f448-5837-49f4-b70c-ab8ecd77dedb

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